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Was ist eigentlich eine Dissoziative Identitätsstruktur (DIS)?

Die dissoziative Identitätsstörung (DIS) ist eine psychische Erkrankung, die oft missverstanden wird. Für uns ist sie ein Teil unseres Lebens – manchmal eine Herausforderung, aber auch eine Stärke.
Oft hören wir Aussagen wie: „Das ist doch wie im Film!“ oder „Gibt es so etwas wirklich?“ Ja, es gibt sie wirklich, und sie ist für viele Menschen eine Realität. Uns ist es wichtig, über die DIS aufzuklären, Stigmata abzubauen und zu zeigen, dass sie kein „Drama“ ist, sondern ein Schutz, der sich in extrem belastenden Situationen entwickelt.

In diesem Beitrag erfährst du:

  • Was die DIS ist
  • Wie sie entsteht
  • Wie sie sich für Betroffene anfühlt
  • Und warum Aufklärung so wichtig ist
Über Nika Vida

Hinter dem Namen Nika Vida stehen viele Persönlichkeiten, denn wir haben eine Dissoziative Identitätsstörung, was früher als multiple Persönlichkeit bekannt war und eine Folge von Trauma ist. Unsere Kunst ist so vielfältig wie wir selbst: In Bildern, Zeichnungen und Texten erkunden wir Emotionen, Perspektiven und die Schönheit des Andersseins.

Was ist eine Dissoziative Identitätsstörung (DIS)?

Die dissoziative Identitätsstörung (DIS) ist eine psychische Erkrankung, die zur Gruppe der dissoziativen Störungen (ICD11) gehört. Sie ist eine Folge von Trauma in der Kindheit und ist gekennzeichnet durch das Vorhandensein von zwei oder mehr Persönlichkeitszuständen.

Was bedeutet Dissoziation?

Bevor wir die Dissoziative Identitätsstörung (DIS) näher erklären, ist es wichtig, den Begriff Dissoziation kurz zu verstehen:

  • Dissoziation ist eine Schutzreaktion des Gehirns, bei der bestimmte Erfahrungen, Erinnerungen oder Gefühle „abgespalten“ werden.
  • Diese Abspaltung hilft, mit einer belastenden oder traumatischen Situation umzugehen, indem sie einen Teil der Realität „ausblendet“.

Alltag vs. Trauma:
Kleine Dissoziationen kennen wir übrigens alle – z. B. wenn du so vertieft in ein Buch bist, dass du die Zeit vergisst. Oder du fährst mit dem Auto einen dir bekannten und gewohnten Weg und wunderst dich auf einmal, dass du schon da bist, obwohl du dich bewusst gerade gar nicht an die ganze Fahrt erinnern kannst.
Bei der DIS ist die Dissoziation jedoch intensiver und betrifft Identität, Gedächtnis und Wahrnehmung.

Visualisierung einer Dissoziation von Feli

Warum sprechen wir lieber von einer Identitätsstruktur?

Der Begriff dissoziative Identitätsstörung wird oft als wertend oder negativ empfunden.
Wir selbst bevorzugen den Begriff Identitätsstruktur, da er weniger stigmatisierend ist.
Die DIS beschreibt kein „kaputtes“ Selbst, sondern eine kreative und schützende Struktur, die das Überleben in extremen Situationen ermöglicht hat.

Hauptmerkmale der Dissoziative Identitätsstörung (DIS)

Eine Dissoziative Identitätsstörung (DIS) zeigt sich durch verschiedene Symptome und Merkmale, die individuell unterschiedlich ausgeprägt sein können:

  • Mehrere Persönlichkeitszustände:
    Betroffene erleben zwei oder mehr Innenpersonen (manche sprechen auch von „Anteilen“), die sich in Denken, Fühlen, Handeln und Erinnern unterscheiden.
  • Wechsel zwischen den Identitäten:
    Diese Wechsel (auch Switches genannt) können bewusst oder unbewusst passieren und durch Trigger ausgelöst werden.
  • Erinnerungslücken:
    Bestimmte Zeiträume oder Erlebnisse werden nicht erinnert, weil sie von einer anderen Identität erlebt wurden.
  • Innere Konflikte:
    Da die Innenpersonen unterschiedliche Bedürfnisse und Sichtweisen haben können, kann es zu inneren Spannungen kommen.

Wie zeigen sich die Persönlichkeitszustände?

Jede Identität kann ihre eigenen Eigenschaften, Fähigkeiten und sogar physiologische Unterschiede haben. Hier ein paar Beispiele:

  • Eigene Namen, Stimmen oder Verhaltensweisen: Eine Identität ist vielleicht schüchtern und zurückhaltend, während eine andere extrovertiert und laut ist.
  • Unterschiedliche Erinnerungen: Eine Identität erinnert sich an bestimmte Ereignisse, die eine andere nicht kennt.
  • Eigene körperliche Reaktionen: Manche Identitäten können bestimmte Allergien oder Vorlieben haben, die andere nicht teilen.

Beispiele aus unserem Alltag:
✨ Manche von uns brauchen eine Brille, andere wiederum nicht (auch die Stärken sind unterschiedlich).
✨ Manche lieben Brokkoli, manche können ihn absolut nicht ausstehen.
✨ Lieblingsgetränke variieren von Fanta über Spezi und Cola Zero zu Bananenshakes.

Dissoziative Identitätsstörung (DIS) und Alltag

(Mehr dazu auch in diesem Kapitel)

Eine DIS zu haben, beeinflusst viele Aspekte des Lebens:

  • Arbeit und Beziehungen: Wechsel (Switches) können für Außenstehende schwer zu verstehen sein, was Missverständnisse hervorrufen kann.
  • Selbstwahrnehmung: Viele Betroffene beschreiben ein Gefühl von „Getrenntsein“ – als ob sie nicht immer „sie selbst“ sind.
  • Bewältigungsstrategien: Viele lernen, ihre Innenpersonen zu koordinieren, z. B. durch innere Absprachen oder Therapie.

Was die Dissoziative Identitätsstörung (DIS) nicht ist

Dissoziative Identitätsstörung (DIS) wird oft falsch verstanden. Deshalb ist es wichtig, folgende Mythen zu entkräften:

  • DIS ist keine Schizophrenie: Die beiden Erkrankungen sind grundverschieden und haben nichts miteinander zu tun.
  • DIS ist kein Drama oder eine Erfindung: Sie basiert auf wissenschaftlich belegten Mechanismen und ist eine anerkannte psychische Erkrankung.
  • DIS macht Menschen nicht gefährlich: Betroffene haben oft selbst mit Ängsten zu kämpfen und sind für andere keine Bedrohung.

Dissoziative Identitätsstörung (DIS) in Zahlen und Fakten

  • als eigenständige psychische Störung anerkannt
  • früher bekannt und bezeichnet als „Multiple Persönlichkeitsstörung“
  • Identitäten können unterschiedliche Namen, Geschlechter, Altersgruppen und Persönlichkeitsmerkmale beinhalten
  • Jede dieser Identitäten kann ein eigenes, einzigartiges Set von Erinnerungen, Verhaltensweisen und Charakteristika aufweisen
  • Die DIS wird derzeit als eine chronische, komplexe posttraumatische Entwicklungsstörung verstanden, bei der die traumatisierenden Erlebnisse gewöhnlich in der frühen Kindheit beginnen (0-6 Jahre)
  • Die dissoziative Abspaltung von Persönlichkeitsanteilen dient als eine Art Bewältigungsmechanismus der Psyche, welche das Überleben und die weitere Funktionsfähigkeit ermöglichen
  • Circa 1 Mio. Menschen sind in Deutschland von der Dissoziativen Identitätsstörung (DIS) betroffen
  • Es liegen psychologische Studien vor, welche den Zusammenhang von Trauma und Dissoziation empirisch aufzeigen konnten
  • Es können neurologische Veränderungen in der Hirnaktivität gemessen werden
  • Die Diagnose wird oft erst spät gestellt, da viele Betroffene ihre Symptome jahrelang nicht einordnen können.

Wie fühlt sich die DIS für uns an?

Für uns fühlt es sich manchmal an wie eine Wohngemeinschaft in einem Körper. Jede „Innenperson“ hat ihre eigenen Stärken, Schwächen, Interessen und Bedürfnisse.
Es gibt diejenigen, die Verantwortung übernehmen und den Alltag organisieren. Andere wiederum sind eher zurückhaltend oder sogar fast unsichtbar, während manche lauter sind und vielleicht mehr Raum einfordern.

Manchmal ist es harmonisch, fast so, als würden wir alle an einem Strang ziehen. Doch dann gibt es auch die chaotischen Momente – wie in einer WG, in der sich alle streiten, wer den Müll rausbringen muss oder wer die Kontrolle über den Fernseher hat. Diese inneren Konflikte sind oft eine große Herausforderung, vor allem, wenn unterschiedliche Innenpersonen verschiedene Vorstellungen davon haben, wie etwas gehandhabt werden soll.

Ein besonders prägender Aspekt ist das Gefühl von Trennung. Wir wissen, dass wir alle zusammengehören (auch wenn dies nicht alle von uns wirklich akzeptieren wollen), und dennoch fühlen wir uns oft voneinander getrennt. Es ist, als würde man manchmal durch eine Scheibe auf sein eigenes Leben schauen, ohne wirklich Zugang dazu zu haben. Erinnerungslücken verstärken dieses Gefühl zusätzlich. Es ist nicht selten, dass wir uns mitten in einer Situation wiederfinden, ohne zu wissen, wie wir dorthin gekommen sind. Manchmal sind es kleine Dinge, wie ein plötzlich neu gekauftes Buch, das niemand zu erinnern scheint, oder große Lücken, wie das Fehlen vieler Stunden oder ganzer Tage.

Dafür haben wir ein Tagebuch erstellt, in das alle reinschreiben können, was sie alles so gemacht haben, was ihre Gedanken & Fragen sind oder einfach nur zum „auskotzen“ 😅. Aber natürlich gibt es auch die kreativen Personen, die aufmunternde Gedichte reinschreiben, wie z.B. dieses hier:

Ein Licht für uns

In dunkler Nacht, ein Stern so klein,
er schimmert sanft, und lädt uns ein.
Er flüstert leise, wenn’s keiner hört,
dass Hoffnung auch die Stille stört.

Ein Funkeln, kaum zu sehen klar,
doch sagt es uns, es ist schon da.
Ein Licht, das durch die Wolken bricht,
ein Hauch von Wärme, sanftes Licht.

Auch wenn die Schatten bei uns sind,
wir tragen doch das Licht im Wind.
Ein Funke nur, der uns bewegt,
der auf uns wartet und uns trägt.

Ein Schritt, so klein und doch so weit,
führt uns gemeinsam durch die Zeit.
Denn Hoffnung ist wie leiser Schein,
mal winzig – doch für uns allein.

Besonders herausfordernd ist es, diese Erfahrungen nach außen zu erklären. Viele Menschen können sich nicht vorstellen, wie es ist, „viele“ zu sein, und das führt oft zu Missverständnissen oder sogar Ablehnung. Doch für uns ist die DIS nicht nur eine Belastung. Sie ist auch ein unglaubliches Zeugnis davon, wie kreativ und widerstandsfähig der menschliche Geist sein kann.
Ehrlich gesagt ist es für uns schwer vorstellbar wie es ist alleine zu sein und sich die Zeit, den Körper und das Leben nicht zu teilen 🙈.

Wir erleben unsere Innenpersonen nicht nur als Belastung, sondern auch als Teil unserer Identität, als Schutzmechanismus und manchmal sogar als Stärke. Jede von ihnen hat etwas mitgebracht, das uns geholfen hat zu überleben. Und jede von ihnen hat das Recht, gehört und gesehen zu werden. Es ist ein komplexes, oft anstrengendes Leben – aber es ist auch unser Leben, und wir lernen jeden Tag mehr, damit umzugehen.

Manchmal wünschten wir uns, die Welt könnte durch unsere Augen sehen, wie es ist, mit einer DIS zu leben. Es ist nicht immer leicht, aber es ist unsere Realität. Und diese Realität verdient es, verstanden zu werden.

Warum ist die Dissoziative Identitätsstörung (DIS) ein Schutzmechanismus?

Die Dissoziative Identitätsstörung (DIS) ist keine „Modeerscheinung“, kein „Trend“ und schon gar nicht ein Produkt übertriebener Fantasie.
Sie ist eine kreative, geniale Lösung des menschlichen Gehirns, um mit unvorstellbarem Schmerz umzugehen. Besonders in der frühen Kindheit, wenn das Gehirn noch hochgradig anpassungsfähig ist, dient die DIS als Überlebensstrategie in Extremsituationen.
Wenn ein Kind in den ersten Lebensjahren wiederholt Traumata erlebt – also extreme Belastungen – steht es vor einer unlösbaren Aufgabe: Es muss diese Erfahrungen verarbeiten, ohne die Möglichkeit, sich körperlich oder emotional aus der Situation zu retten. Das kindliche Gehirn hat jedoch einen beeindruckenden Schutzmechanismus: Es dissoziiert.

Wie funktioniert das?

Das Gehirn eines Kindes, das einem massiven und wiederholten Trauma ausgesetzt ist, spaltet nicht nur die Erinnerung an das Trauma ab – es erschafft quasi verschiedene „Innenpersonen“, die spezifische Aufgaben übernehmen. Diese Persönlichkeitszustände (Anteile) sind nicht „zufällig“ da, sondern entwickeln sich, um das Überleben in einer unerträglichen Situation zu sichern:

  • Ein Anteil trägt die traumatischen Erinnerungen und Gefühle: Dieser Anteil „hält“ das, was für das Kind in diesem Moment nicht aushaltbar ist.
  • Ein anderer Anteil bewältigt den Alltag: Zum Beispiel geht dieser Anteil in die Schule, lächelt nach außen und sorgt dafür, dass das Kind scheinbar normal funktioniert.
  • Weitere Anteile entwickeln sich, um spezifische Situationen zu meistern: Ein Anteil könnte besonders mutig oder schützend sein, während ein anderer sich unsichtbar macht, um Gefahr zu vermeiden.

So haben wir zum Beispiel Persönlichkeiten, die zum Beschützerteam gehören oder Alltagspersönlichkeiten, die Verantwortung übernehmen, dass der Alltag (zumindest so gut wie möglich) weiterlaufen kann.

Wichtig zu erwähnen ist uns hier: Die DIS und auch alle Persönlichkeitszustände verfolgen ein gemeinsames Ziel – es soll nicht auffallen, dass wir eine DIS haben ❣️

Warum ist die DIS so effektiv?

Die DIS funktioniert als Schutzmechanismus, weil sie dem Kind ermöglicht, in einer scheinbar unüberwindbaren Situation weiterzuleben. Indem das Trauma abgespalten wird, kann der „Alltagsanteil“ des Kindes so tun, als wäre nichts passiert. Das Kind kann spielen, lachen, lernen und sich scheinbar normal entwickeln, obwohl tief in seinem Inneren andere Anteile die Last des Traumas tragen.

Diese Trennung ist besonders in der Kindheit notwendig, da ein junges Gehirn nicht in der Lage ist, widersprüchliche Erfahrungen – wie Liebe und Gewalt durch z.B. dieselbe Bezugsperson – gleichzeitig zu verarbeiten. Die DIS erlaubt es, diese Widersprüche zu trennen: Eine Identität erlebt z.B. die Fürsorge der Bezugspersonen, eine andere trägt die Erinnerungen an das Trauma.

Die Dissoziative Identitätsstörung (DIS): Ein Zeichen von Stärke

Für uns ist die DIS (mittlerweile) kein Feind mehr, sondern ein Beweis dafür, wie unglaublich anpassungsfähig und kreativ der menschliche Geist ist. Ohne die Fähigkeit zur Dissoziation hätte ein Kind, das mit wiederholtem Trauma konfrontiert ist, keine Überlebenschance – zumindest nicht, ohne noch schwerwiegendere psychische oder körperliche Folgen zu erleiden.
Das Verständnis, dass die Dissoziative Identitätsstörung (DIS) eine geniale Überlebensstrategie ist, hilft uns dabei, diesen Teil von uns nicht als „kaputt“ oder „falsch“ wahrzunehmen. Stattdessen sehen wir die Innenpersonen als Beschützer, Helfer und Überlebenskünstler, die uns in den schlimmsten Momenten das Leben ermöglicht haben.

Ein Blick auf lange Zeit

Die DIS ist in der Kindheit ein effektiver Schutzmechanismus. Im Erwachsenenalter, wenn die Gefahr oft nicht mehr besteht, können die abgespaltenen Identitäten jedoch zu Konflikten, Verwirrung und Belastungen führen. Die Erinnerungslücken, der Verlust von Zeit und die unterschiedlichen Bedürfnisse der Innenpersonen können den Alltag erschweren.
Dennoch ist es wichtig, diesen Mechanismus als etwas zu sehen, das aus der Notwendigkeit geboren wurde – nicht aus Schwäche.
Heilung bedeutet für viele so auch für uns, zu verstehen, miteinander zu kommunizieren und so ein Gefühl von innerer Zusammenarbeit zu schaffen.
Die DIS ist also kein „Fehler“, sondern ein Überlebensinstinkt. Ein Schutzschild, das zwar schwer zu tragen ist, aber letztlich ein Leben gerettet hat.

Warum ist uns Aufklärung wichtig?

Aufklärung über die dissoziative Identitätsstruktur (DIS) ist essenziell, weil sie direkt dazu beiträgt, Stigmata abzubauen, Vorurteile zu bekämpfen und das Leben von Betroffenen positiv zu verändern. Falschdarstellungen in Filmen, Serien oder Büchern tragen oft dazu bei, dass Menschen mit DIS als „gefährlich“, „extrem“ oder gar „unberechenbar“ wahrgenommen werden. Diese Klischees verzerren die Realität und führen dazu, dass Betroffene in der Gesellschaft auf Ablehnung oder Missverständnis stoßen.
Wobei wir selber so manchen Film aus schauspielerischer Sicht echt gut finden, wie z.B. Split. Es ist nur wichtig, dass unterschieden wird zwischen der Realität einer DIS und einem Film, der neben der Aufklärung auch Spannung und stilistische Mittel beinhaltet.

Person mit Dissoziative Identitätsstörung (DIS) malt
Wir sind keine gefährlichen Menschen und man kann mit uns gut reden und Spaß haben 🙂

Wie Aufklärung hilft

Stigmata abbauen

Falschinformationen über Dissoziative Identitätsstörung (DIS) fördern die Angst vor dem Unbekannten und stigmatisieren Betroffene, die ohnehin mit inneren und äußeren Herausforderungen kämpfen.
Aufklärung zeigt, dass die DIS kein „Drama“ oder „Horrorfilm-Szenario“ ist, sondern eine psychische Erkrankung, die aus einem sehr realen Überlebensmechanismus heraus entstanden ist.

Indem Wissen verbreitet wird, ändert sich die Perspektive:

  • Betroffene werden nicht mehr als „gefährlich“ wahrgenommen, sondern als Überlebende, die mit großer Stärke und Kreativität ihr Leben meistern.
  • Die Gesellschaft lernt, psychische Erkrankungen als Teil des Lebens zu akzeptieren, statt sie als Schwäche zu betrachten.

Vorurteile bekämpfen

Dissoziative Identitätsstörung (DIS) wird häufig missverstanden, da viele Menschen keine Berührungspunkte mit dissoziativen Störungen haben (oder dies manchmal auch einfach gar nicht wahrnehmen). Aufklärung hilft dabei, diese Vorurteile aufzulösen.
Ein häufiges Vorurteil ist, dass Menschen mit DIS „Schauspielern“ oder ihre Identitäten erfinden.

  • DIS ist eine wissenschaftlich anerkannte psychische Erkrankung, die auf neurologischen und psychologischen Mechanismen basiert.
  • Betroffene „erfinden“ ihre Identitäten nicht, sondern erleben sie als realen Teil ihres Seins.

Verständnis und Empathie fördern

Menschen haben oft Angst vor dem, was sie nicht kennen oder verstehen. Aufklärung nimmt diese Angst, indem sie Wissen vermittelt und den Betroffenen eine Stimme gibt. Und Verständnis und Empathie ist doch genau das, was wir uns beispielsweise wünschen.

  • Menschen mit DIS sind nicht „abnormal“ oder „gefährlich“, sondern Menschen, die mit einer besonderen Herausforderung leben.
  • Jede Identität, jeder Innenanteil hat seinen Grund und seinen Platz.
  • Die DIS ist eine Reaktion auf extrem belastende Situationen – und nicht etwas, das bewusst gewählt wurde.

Durch diese Informationen entsteht Empathie. Menschen beginnen, sich in die Perspektive von Betroffenen hineinzuversetzen, was nicht nur für persönliche Beziehungen, sondern auch für das gesellschaftliche Miteinander wichtig ist.

Gesellschaft sensibilisieren

Psychische Erkrankungen wie die Dissoziative Identitätsstörung (DIS) sind ein Teil des Lebens. Doch solange sie nicht offen thematisiert werden, bleiben sie ein Tabuthema, das oft mit Angst und Vorurteilen belegt ist.

Aufklärung sensibilisiert die Gesellschaft dafür, dass:

  • Psychische Erkrankungen keine Schwäche oder ein Makel sind, sondern genauso wie körperliche Erkrankungen Verständnis und Unterstützung verdienen.
  • Jeder Mensch eine Geschichte hat – und diese Geschichte verdient es, gehört zu werden.
  • Empathie und Offenheit Brücken bauen können, wo vorher Unsicherheit und Ablehnung waren.

Uns ist hier folgendes persönlich wichtig:
Natürlich sollten wir Trauma und Traumafolgen nicht in der Hinsicht normalisieren, dass diese als völlig okay angenommen werden!
Trauma und die Folgen, die häufig zur DIS führen sind nicht okay! Niemals!
Dennoch sollte die Gesellschaft die Angst vor Menschen mit psychischer Erkrankung verlieren und das Gefühl, dass diese ja „weit weg“ sind.

Jeder einzelne Mensch in der Gesellschaft kann dabei helfen diese Traumata wahrzunehmen, zu unterbrechen und etwas dagegen zu tun!

Betroffenen Mut machen

Für viele Menschen mit Dissoziative Identitätsstörung (DIS) ist es schwer, über ihre Erfahrungen zu sprechen, weil sie Angst vor Stigmatisierung haben.
Aufklärung gibt Betroffenen die Möglichkeit, sich verstanden und gehört zu fühlen.

Wenn die Gesellschaft informiert ist:

  • Werden Betroffene ermutigt, ihre Geschichten zu teilen, ohne Angst vor Ablehnung zu haben.
  • Können Therapeuten und Unterstützer besser auf die spezifischen Bedürfnisse eingehen, da ein breiteres Verständnis vorhanden ist.
  • Werden Betroffene nicht mehr in Schubladen gesteckt, sondern als Individuen gesehen, die trotz – oder gerade wegen – ihrer Erfahrungen wertvolle Beiträge leisten.

Warum wir uns für Aufklärung einsetzen

Aufklärung ist für uns nicht nur eine Aufgabe, sondern eine Herzensangelegenheit. Wir haben selbst erlebt, wie es ist, missverstanden zu werden, und wie viel Mut es kostet, sich zu öffnen. Wir glauben fest daran, dass Wissen die Grundlage dafür ist, Vorurteile abzubauen und eine Gesellschaft zu schaffen, in der psychische Erkrankungen mit Respekt und Mitgefühl (nicht Mitleid!) behandelt werden.
Durch Gespräche, Informationen und ehrlichen Austausch können wir gemeinsam Ängste überwinden und Brücken bauen – für eine Welt, in der Verständnis, Verbundenheit und Akzeptanz an erster Stelle stehen.

Der Mensch und das menschliche Gehirn ist generell so ‚gestrickt‘ uns zu schützen, indem es Muster erkennt und an Vertrautem festhält. Evolutionär gesehen war es vorteilhaft, dass das Gehirn aktiviert wurde bei Neuerungen oder Andersartigem.
Unserer Meinung nach ist schon alleine das ein Zeichen dafür, dass es wichtig ist zu informieren, aufzuklären und somit dieses „Neue“ nicht mehr als unsicher einzustufen.

Was wir uns wünschen

Wir wünschen uns, dass mehr Menschen erkennen, dass die Dissoziative Identitätsstörung (DIS) kein „Mythos“ oder „Drama“ ist. Sie ist eine Überlebensstrategie, die von Kreativität und Stärke zeugt.
Wenn wir offener über psychische Erkrankungen sprechen, können wir Ängste und Vorurteile abbauen.
Und wenn du Fragen hast – frag uns! Jede Frage hilft, ein bisschen mehr Verständnis und Nähe zu schaffen. 🍀

Was denkst du über die Dissoziative Identitätsstörung (DIS)?
Vielleicht hast du schon einmal von dissoziativen Störungen gehört oder möchtest mehr erfahren.
Schreib uns gerne deine Gedanken oder Fragen in die Kommentare – wir freuen uns auf den Austausch! 😍

6 Kommentare

  1. Hi Niva,
    vielen Dank für den Artikel. Besonders der Einblick in deine persönliche Situation macht diesen Artikel so wertvoll und einzigartig. Es war mir eine Freude, ihn zu lesen.

    Liebe Grüße
    Jutta

  2. Hallo ihr – und schon stolpere ich und habe die erste Frage: Hat ein Anteil diesen Beitrag geschrieben oder ist es ein Gemeinschaftswerk? Ich unterstelle jetzt einfach mal „Gemeinschaftswerk“ und bleibe bei der Anrede „Ihr“. Erst einmal herzlichen Dank für diesen Beitrag, der so strukturiert, nachvollziehbar und verständlich geschrieben ist. Die Art, wie ihr Fachwissen und eigene Erfahrungen miteinander verwebt, spricht mich sehr an. Das macht euch nahbar und vermittelt gleichzeitig Wissen. Ich vermute, dass es auch für euch ein langer Weg war, die kreative Leistung des eigenen kindlichen Gehirns so zu akzeptieren und wertzuschätzen, wie ihr es heute macht. Ihr schreibt so wohlwollend von und über euch, da liegt so viel Liebe und Anerkennung in euren Worten, für jeden einzelnen Anteil – das schaffen nicht viele Menschen, selbst wenn sie „nur“ ein Ich haben. Sehr berührt hat mich eure Umdeutung von Identitätsstörung zur Identitätsstruktur, was mir viel passender und lebensbejahender erscheint. Wer lebt schon gern mit einer Störung oder lässt sich von anderen bescheinigen, dass da eine Störung ist? Das Störungsbild nimmt die Überlebensleistung überhaupt nicht auf, nimmt sie nicht einmal wahr. Über diese positive Umdeutung habe ich mich sehr gefreut und würde mir wünschen, sie würde im ICD aufgenommen, weil allein die Bezeichnung als Störung ja schon zur Stigmatisierung beigetragen hat. Eure Lösung, ein gemeinsames Tagebuch zu führen, ist grandios. Das hilft sicher bei der Orientierung, und die Zeit- und Gedächtnislücken minimieren sich.
    Ich wünsche euch für euer Blogprojekt viel Erfolg, auch im Sinne von vielen Leser:innen, damit wirklich viele Menschen eure Sichtweisen auf das Leben kennenlernen und so hoffentlich ein Verständnis für euer Anderssein entwickeln. Ach so, dass sollen sie ja gar nicht so mitbekommen 😘. Danke für diesen Blogartikel! Herzliche Grüße Sylvia

    1. Hallo liebe Sylvia 🙂

      Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und deine Rückmeldung! 🥰

      Du hast vollkommen recht, dass es ein Gemeinschaftsantrag ist. Also drüberlesen und evtl. leicht überarbeiten machen immer nur Fenja und Lea, aber die Inhalte sind von mehreren von uns, weil natürlich auch viele das Mitteilungsbedürfnis haben 😜.

      Es war (und ist auch immer noch) ein langer Weg, aber wir sind auf einem guten Weg, denken wir!

      Wir wünschen dir auch alles Liebe und Gute und schicken 💕-liche Grüße zurück!

      Nika

  3. Über diesen beeindruckenden Blogartikel werde ich noch lange nachdenken! So viele Denkanstöße sind enthalten, ich danke euch.

    Beim Lesen habe ich viel gelernt und glaube, dass ich mich jetzt besser in das Leben mit mehreren Identitäten einfühlen und verstehen kann. Die DIS (auch) als Stärke, insbesondere Überlebensstärke zu sehen, finde ich augenöffnend.

    Vielen Dank für eure Offenheit und die wichtige Aufklärung über DIS und mentale Gesundheit. Ich freue mich auf weitere Artikel von euch.

    Herzliche Grüße, Wiebke

    1. Liebe Wiebke,

      vielen lieben Dank für deine Worte 😍 Das bedeutet uns wirklich viel, denn genau das möchten wir erreichen:
      Aufklärung, Inspiration und Verständnis 🫶

      Wir sind sehr dankbar für deinen Kommentar!

      Nika

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